Es ist für mich als langjähriger Vorstand der IG Klettern Frankenjura, Fichtelgebirge und Bayerischer Wald e.V. nicht nachvollziehbar, wie aufgrund einer Anhäufung aus dem Zusammenhang herausgenommener Zitate aus dem Protokoll einer JHV aus dem Jahr 2017, eine Verantwortung der IG für den aktuellen Unfall abgeleitet werden kann.
Hintergrund der Frage von Volker Philippent damals war der Umstand, dass er sicherstellen wollte, dass Gefahrenmeldungen schnellst möglich nachgegangen wird. Daher die Empfehlung, solche potentiellen Gefahrenmeldungen direkt an uns zu senden, weil diese an anderer Stelle, wie der aktuelle Fall zeigt, oft untergehen. Die IG bekommt fast täglich Meldungen über unsichere Haken oder andere Gefahrenquellen und diese werden, sofern die Meldung bei uns eingeht, auch zeitnah abgearbeitet. Einige Beispiele aus jüngster Vergangenheit sind ein Umlenkhaken an der Hexenküche, der „herausgefallene“ Haken am DTC, Wackelhaken an der Spießer Wand und am Wiesentfels um nur einige zu nennen. Weitere Sanierungen von unsicheren Haken, die uns gemeldet wurden laufen gerade. Meldungen in anderen Foren machen sicher Sinn, führen aber wie der aktuelle Fall sehr deutlich zeigt, nicht unbedingt zu einer Beseitigung der Gefahrenquelle. Deshalb diese Antwort auf die Frage von Volker Philippent.
Die Arbeit der IG wird ausschließlich auf ehrenamtlicher Basis durchgeführt und es gehört viel Einsatzbereitschaft dazu, wenn wie früher häufiger vorgekommen, Sven König bei mir angerufen hat und um den Tausch eines vermeintlich unsicheren Haken gebeten hat, was immer sofort erledigt wurde. Ich habe für solche Aktionen nicht nur einmal alles stehen und liegen lassen und musste mich dafür aber noch am Fels dumm anreden lassen, weil der Umlenkhaken den ich austauschen sollte, gerade durch ein Toprope belegt war.
Es gibt sehr viele aktive und sanierungswillige IG-Mitglieder. Leider verlieren diese häufig die Lust am Arbeiten. Die Sanierung des Bärleinhuters und des Schwalbensteins wurde komplett mit Material der IG durchgeführt. In beiden Fällen haben die Sanierer FJ.com gebeten die Sache nicht an die große Glocke zu hängen. Die Folge der Veröffentlichungen war, dass sich beide einem wahren Shitstorm der Community ausgesetzt sahen und sich für ihr Tun auch noch rechtfertigen mussten. Beide haben verlauten lassen, dass sie zukünftige Sanierungen nicht mehr weitergeben werden. Auch anderen Sanierern ist die Lust auf Veröffentlichung vergangen, da sie feststellen mussten, dass Meldungen auf FJ.com gelöscht wurden, nur weil diese einen Hinweis auf die IG enthielten. Der weitaus größte Teil aller Sanierungsmaßnahmen wird, wie unser hoher Hakenverbrauch zeigt, nach wie vor von der IG finanziert und durchgeführt. Und wir werden das auch weiter machen. Ich denke aber auch, dass es zumutbar ist, dass die Leute, die diesen Job erledigen, direkt informiert werden. Es ist definitiv zu viel verlangt, wenn von uns gefordert wird, dass wir auch noch das Internet nach möglichen Gefahrenquellen durchforsten sollen.
Zum Informationsfluss:
Der angesprochene Fall der Frankenwohnanlage war für uns eine sehr bittere Pille. Wir haben mit den Grundstücksbesitzern damals langwierige Gespräche geführt, aber leider keine Einigung erzielen können. In der Regel informieren wir über laufende Verfahren nicht, weil es wenig Sinn macht etwas zu veröffentlichen ohne eine Ergebnis vorweisen zu können. Das aktuelle Beispiel der Östlichen Förstelsteinkette zeigt, dass auch Veröffentlichungen über Probleme anderer Art am Fels offensichtlich wenig beachtet werden. Auf FJ.com findet sich unter der Rubrik Rock-Events ein Eintrag vom 4.3.20 zu den Problemen dort. Genützt hat es gar nichts, trotz Pandemie war dort mehr los als in den Jahren zuvor. Über das Ergebnis der Behördengespräche haben wir sofort nach Erhalt der Stellungnahme der zuständigen Behörde sofort allgemein informiert.
Die Tatsache, dass wir die Ammerthaler Wand nicht nur komplett sanieren wollen und vorher mit der DAV-Sicherheitsforschung Belastungstests durchführen wollen, als Aktionismus zu bezeichnen zeugt von wenig Verständnis für die eigentlichen Ursachen dieses bedauernswerten Unfalls.
An dieser Stelle den beiden Verunfallten beste Genesung!
P.S.: Ich habe im Laufe meines Klettererlebens mit Sicherheit einige 1000 Haken gesetzt, überwiegend nur zu Sanierungszwecken. Der erste Bühlerhaken den ich 1976 gesetzt habe steckt am Westwandband am Zehnerstein. Es war ein zusätzlicher Zwischenhaken nach einem tödlichen Unfall durch Ausbruch einer Sanduhr. Der Haken ist immer noch bombenfest, aber leider durch intensives Topropen stark durchgeschliffen. Der Ring daneben weißt auch schon erhebliche Gebrauchspuren auf und muss wohl auch bald ausgetauscht werden. Ob ich das noch machen werde, überlege ich mir angesichts der aktuellen Diskussion zweimal.
Dr. Jürgen Kollert
1. Vorstand der IG Klettern Frankenjura, Fichtelgebirge und Bayerischer Wald
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