Neue Saison, neues von uns!
Fels
Die Grenzen des Sanierens
Die nachfolgende Erzählung ließ uns ein Fränkischer Sanierer anonym zukommen:
An einem verregneten und für die Jahreszeit ungewöhnlich milden Tag Ende Januar 2021 trieb es mich weg vom frustierenden Homeoffice-Arbeitsplatz. „Tastentippen macht nur die Oberarme schlapp“, dachte ich mir und wollte unbedingt Richtung Frankenjura los ziehen. Bei dem Regen und dem Tauwetter waren die Boulder-Bedingungen denkbar schlecht, also schnappte ich mir die IG-Bohrmaschine und machte mich auf zum Nankendorfer Block. Dort sollte ich durch das riesige Dach einigermaßen vor dem Regen geschützt sein und Bohren im Volldach würde auch den Bizeps wieder anschwellen lassen.
Fest gemauert in der Erden …
Hier warteten rostige Expansionslaschen in den Routen Hooligan (9+/10-) und Frisch gepresst (9/9+) darauf, durch rostfreie Bühlerhaken ersetzt zu werden.
Da nur die ersten 5 Dachhaken in Hooligan rostig waren und über der Dachkante bereits perfekt geklebte Haken steckten, angelte ich mir mit dem Clipstick den ersten soliden Bühler. So konnte ich mein Fixseil mit etwas Dachakrobatik in die unteren Haken einhängen.
Wieder am Boden angekommen, ging es nach einem kurzen Schluck aus der Thermoskanne mit Bohrmaschine, Hammer und Reinigungsset wieder nach oben. „Das sollte recht schnell gehen“, dachte ich mir. Meine Sanierungsmöglichkeiten sollten jedoch schnell an ihre Grenzen stoßen.
Am ersten Haken angekommen, einem alten Mammut-Einschlagring, legte ich unvermittelt los: also Hammer raus, abklopfen, und festen Fels für den neuen Haken suchen. Ich fand heraus, dass der Fels unter der imposanten unteren Dachkante morsch wie das Totholz im Hang hinter mir klang. Glücklicherweise fand ich ca. 20 Zentmieter über dem alten Ring festes Gestein und konnte ein solides Hakenloch bohren.
Dann fließt die Arbeit munter fort
„Gerade nochmal gut gegangen“, ging es mir durch den frisch bestaubten Kopf. Also weiter zu den nächsten Haken, die franken-untypischerweise recht nah beieinander, querend, im Dach steckten.
Der Grund dafür offenbarte sich mir gleich: hier verspricht die Dichte der Haken die Sicherheit, nicht deren Qualität.
Beim Abklopfen des Umgebungsgesteins des zweiten Hakens sorgten die tiefdumpf klingenden Schläge für ein tiefflaues Gefühl in meiner Magengegend. Selbst beim Suchen von festem Gestein außerhalb der Kletterlinie wurde ich nicht fündig.
Lange machte ich mir Gedanken um eine Lösung, kam aber zu dem Schluss, dass ein Bühler in dieser Art von Gestein keinerlei Sicherheit bietet. Er würde Wiederholer in die Irre führen und im schlimmsten Fall ausbrechen. Bei Routen im Schwierigkeitsgrad 9+/10- abzubrechen und einen Zwischenhaken zu fädeln und abzubauen, ist erfahrungsgemäß nicht gerade unwahrscheinlich. Daher entschied ich mich, den Expansionsanker so zu belassen, wie er war.
Auf zum dritten Haken: „bonk, bonk“, hier ging das tiefdumpfe Klangspiel weiter. Schon wieder morsches Gestein um den Haken. Der fränkische Dolomit bescherte mir, zu meiner großen Erleichterung, eine klippbare Position in solidem Gestein, was ich ebenfalls beim Bohren spürte. Fest und ohne Hohlräume hinter der Felsoberfläche: so wie es sein soll.
Das Auf und Ab der Sanierungsgefühle sollte am vierten Haken nicht aufhören. Hier war nämlich schon wieder alles hohl. Die Geräusche meiner Hammerschläge auf dem Fels wurden selbst nach ausgiebigem Suchen nicht besser. Hier bringt selbst der beste Bühlerhaken und der stabilste Kleber nichts. Dieser alte Haken musste wieder belassen werden.
Beim Haken Nummer Fünf konnte ich wieder festes Gestein finden und bohren.
Soll das Werk den Meister loben?
„Tja, was nun?“, war mein Gedanke; ich konnte nur jeden zweiten Haken des Hooligan sanieren. Diese Komplettsanierung war mir heute nicht vergönnt. Sollte ich die verbliebenden Laschen entfernen? Sollte ich überhaupt Bühler in die fertigen Löcher kleben?
Ich entschied mich dafür, die drei möglichen Haken zu setzen. So ist diese schwere Boulderroute immerhin ein Stück weit sicherer. Sollte in den nächsten Jahren oder Jahrzehnten eine der verbleibenden Laschen ausbrechen, würde durch die neuen Bühler ein Absturz auf den Boden einigermaßen verhindert.
In der links gelegenen Einstiegsvariante Frisch gepresst (9/9+) mussten nur die ersten beiden Haken ersetzt werden. Im oberen Bereich, der mit dem Hooligan zusammenläuft, steckten wieder perfekt geklebte Haken.
Erfreulicherweise war das Gestein um die Hakengegend fest und ich fand rasch perfekte Positionen. „Immerhin eine Komplettsanierung heute“, dachte ich mir.
Dieser Januartag hat mich schwer zum Nachdenken gebracht. Zum ersten Mal in meiner Laufbahn als Sanierer stieß ich auf Haken, die ich nicht sanieren konnte. „Kann ich diese Route so anderen Kletterern hinterlassen?“, „Gibt es nicht doch andere Möglichkeiten?“, waren Sätze, die mir beim Betrachten meines Werks durch den mittlerweile vollgestaubten Kopf gingen. Bei der Route Hooligan gibt es keine andere Lösung.
Zum Werke das wir ernst bereiten …
„Doch, eine Lösung gibt es!“ war mein Fazit, als ich den letzten wärmenden Schluck Tee aus meiner Thermoskanne trank:
Jeder Kletterer muss für sich selbst einschätzen, welche Route er klettert und welchem Risiko er sich aussetzt. Bevor man den Knoten am Gurt bindet, muss man nach oben blicken und sich seines Handelns absolut klar sein. In eine Route nicht einzusteigen, ist für niemanden eine Schande.
Übrigens: Wer Bedenken hat, kann sich rechts vom Hooligan an der genauso schweren Tour Problem Doppel F (9+/10-) versuchen. Gegenüber am Geckofels und am Freudenhaus links gibt es ebenfalls hervorragende kurze Boulderrouten in vergleichbaren Schwierigkeitsgraden (aktuell jedoch gesperrt!).
Grüße vom verschneiten Atomkraftwerk!
Die IG auf deinem Smartphone
Wir arbeiten stetig daran, die Webseite zu verbessern. Dies folgt manchmal in kleinen, kaum wahrnehmbaren Schritten. Jetzt gibt es mal wieder eine größere Neuerung.
Zur Verwaltung der Sperrungsliste haben wir jetzt ein Modul programmiert. Dieses erlaubt es uns, euch einen RSS-Feed für die Sperrungsliste zur Verfügung zu stellen!
Wie ihr den RSS-Feed auf eurem Smartphone abonniert, findet ihr hier.
Sanierungen über den Jahreswechsel
Auch in der kältesten Jahrzeit zieht es die Sanierer raus an den Fels. Wenn das Wetter zu kalt zum Klettern ist, kann man sich bei Bohraktionen auch verausgaben; vor allem, wenn man allein ist und ständig etwas am Wandfuß vergisst.
Vielen Dank an alle Sanierer für eure ehrenamtliche Arbeit!
Achtung!
An rostigen Gerüstbauösen sollte nicht mehr geklettert werden. Bitte meldet diese umgehend über unser Formular für Gefahrenquellen.
An Sanierer: Bitte keine Kettenglieder mit Ring an fragwürdigen Haken anbringen. Dies suggeriert falsche Sicherheit. Am unteren Bild sieht man den durch Kontaktkorrosion entstandenen Rost, der bei unterschiedlichen Stahlqualitäten auftritt.
Algersdorfer Wand
In der Route Mururoa (9-) wackelten drei Zwischenhaken. Ab dem dritten Haken wurden also drei Haken ausgetauscht. Der Umlenkhaken wurde gedoppelt.
Betzensteiner Parkplatzwand
Die Sanduhrschlingen in den Routen M+S-Weg (5+), Fix und Foxi (6) und Pluto (7-) wurden gegen Bühlerhaken getauscht.
Bärenschlucht
Der sechste Haken in Tanz der Arroganz (9+) wurde durch einen neuen Bühlerhaken ersetzt, da dieser wackelte.
In der Route Elchkuh (9+) wurden die ersten 5 Haken (große Gerüstbauösen) ersetzt. Ebenfalls erhielt die Route einen Bühlerhaken als Umlenker. Die alten Longlifehaken können nun als Redundanz genutzt werden.
An Stelle der Gerüstbauöse in der Crux von Road to Nowhere (10) glänzt jetzt ein Bühlerhaken.
In Sandmännchen (8+) wurden die ersten vier Zwischenhaken saniert.
Haselstaudener Wände
Der Umlenker in Weißer Pfeiler (6-) wurde in die Wand versetzt und nach der Französichen Methode gedoppelt. Die alte Umlenkung steckte zu nahe an der Felskante.
In den folgenden Routen wurden die Umlenker gedoppelt:
- Sophisticated Ladies (7+)
- Regenbogen (7-)
- Märzenriss (5)
- Rechts außen (5+)
- Krautgarten (4)
- Konrad Oed Gedenkweg (6)
- Nixalsverdruss (8-)
- Happening (7+)
- S’Michele (7-)
- Haselstaudener Wand (7-)
- Wespenstich (6+)
In der Route Prinzessin (6-) wurden zwei in hohlem Fels gesetzte Expansionsanker durch solide Bülherhaken ersetzt.
Püttlachtaler Wand
Zwei Sanierer nahmen sich der beiden Routen Dompteur (7+) und Gefrierfach (8-) an und ersetzten das dort vorhandene marode Hakenmaterial durch neue Bühler. Ebenso erhielt Tiramisu (9-) im rechten Wandteil eine Sanierung. Bitte jedoch beachten, dass an großen Teilen dieser Wand ab 1. Februar wegen Vogelschutz nicht geklettert werden darf!
Aussichtsfels am Breitenberg
In den Routen im linken Teil des Aussichtsfelsens bei Gößweinstein hat ein Sanierer die alten Gerüstösen durch Bühlerhaken ausgetauscht. Einige der insgesamt 14 alten Ösen ließen sich mit lediglich zwei Hammerschlägen abbrechen!
Galawand
An der Galawand wurden in den Routen It’s Time to Climb (7) und Schöne Überraschung (6+) die Plättchen gegen Bühlerhaken getauscht.
Wiesentfels
In der Nähmaschine (7-) wurde ein lockerer Haken getauscht. Zwei wurden schon vorher saniert. In der Route Gespickter Hasenrücken (7) wurden 5 wackelnde Haken ausgetauscht. Da die Umlenker der beiten Routen sehr nah beieinander stecken, wurde ein einzelner zusätzlicher Umlenkhaken für Redundanz gesetzt.
DTC
In der Route TDC on PCP (9-) wurden die ersten beiden Zwischenhaken ausgetauscht.
Gelbe Wand
In Fujiyama (8) wurden alle Zwischenhaken durch Bühlerhaken ersetzt und der Umlenker gedoppelt. Teilweise waren die Schrauben der Expansionshaken maximal angezogen, das heißt der Spreizanker wurde wieder aus dem Fels herausgezogen.
Matterhornwand
Die Route Schrottpunkt (9-) wurde komplett saniert und mit zwei Umlenkern mit Rapid+Ring und Rapid ausgestattet.
Ein Herzliches Dankeschön!
Auch im Jahr 2020 wurde die IG Klettern wieder mit zahlreichen Spenden bedacht. Wir freuen uns sehr über jede eingegangene Überweisung, ebenso wie über eure ausgiebige Nutzung der aufgestellten Spendenboxen (Campingplatz Oma Eichler im Trubachtal, Rockstore Frankenjura in Betzenstein).
Daher möchten wir die Gelegenheit nutzen und uns ganz herzlich bei allen Spendern bedanken! Wir hoffen, ihr bleibt uns auch weiterhin treu, denn eure Unterstützung ist zugleich auch Antrieb für unser Engagement.
Eure IG Klettern
Sanieren, eine Geschichte über die Kluft zwischen Theorie und Praxis
Teil 1: Durchgeschliffene Sauschwänze
Im Herbst erhielten wir drei Meldungen zu durchgeschliffenen Umlenkschnecken an den Haselstaudener Wänden. Es dauerte etwas, bis jemand die Zeit fand, die Sauschwänze zu kontrollieren und bei Bedarf auszutauschen. Der Plan war, zugleich die Umlenkhaken zu doppeln, da an den Haselstaudener Wänden viel geklettert und vor allem Toprope geklettert wird.
Die Umlenkschnecken waren schnell kontrolliert, eine war ganz neu, zwei leicht (ca. 10%) eingeschliffen. Hier war vermutlich schon jemand aktiv gewesen. Die Meldung war also erfolgreich abgearbeitet worden. An dieser Stelle der Hinweis: Bitte meldet möglichst präzise Gefahrenquellen über das neue Formular.
Ab ca. 50% Einschliff sollten die Umlenkschnecken ausgetauscht werden.
So weit, so gut. Allerdings stecken zwei Haken der drei Umlenkschnecken jeweils in einem beim Abklopfen hohl klingenden Gipfelblock. Das kann passieren, da sich der Fels im Lauf der Jahre – hier ca. 30 Jahre nach der Erstbegehung – verändert. Was zum Zeitpunkt der Erstbegehung fest war, ist durch Eisbildung im Winter und andere Einflüsse möglicherweise verändert worden. Und sicher bewertet man heute diese Umlenker deutlich kritischer als früher. Der Plan, diese Umlenker zu doppeln, war somit dahin. Einer der beiden Umlenker ist inzwischen entfernt und durch einen neuen etwas tiefer ersetzt. Was mit dem anderen Umlenker geschieht, wird derzeit geklärt. Das Versetzen nach oben oder unten verändert die Route. Und wir kommen zu Teil 2 der Geschichte.
Teil 2: Doppelte Umlenker
Um der Diskussion und den Ereignissen des Jahres 2020 Rechnung zu tragen, sollten zur Erhöhung der Sicherheit die Umlenker an den Haselstaudener Wänden gedoppelt werden. Über das „wie man das am besten macht“ gibt es eine ausführliche Diskussion und verschiedene Ansichten. Die folgenden Beispiele zeigen, warum zwei separate Haken ohne Kette im weichen, zerklüfteten Kalk des Frankenjuras eine sinnvolle und praktikable Lösung sind und wie weit Theorie und Praxis manchmal auseinander gehen.
Die Theorie
Das Hakensetzen sollte fachgerecht erfolgen, d.h. der Haken sollte entsprechend der Bauart korrekt gesetzt werden. Zudem sollte er in kompaktem Fels mit ausreichendem Abstand zu Kanten, Rissen, etc. gesetzt werden. Der DAV schreibt hierzu:
Das Gestein muss kompakt sein und der Abstand des Bohrlochs zu Kanten, Rissen und Löchern darf 15 cm nicht unterschreiten. Der Achsenabstand zwischen zwei Bohrhaken sollte somit 30 cm betragen (15 cm Radius).
Bohrhaken 2009, S.6
Fachgerecht heißt also laut DAV:
- Fester, kompakter Fels
- 15 cm Abstand zu Kanten, Rissen etc.
- Abstand von zwei Bohrhaken 30 cm
Zu dem letzten Punkt liefert der DAV leider keine Begründung. Verwirrend ist, dass die Hersteller von Ketten diese zum Teil so konstruieren, dass es gar nicht möglich ist, diesen Abstand einzuhalten bzw. die Setzanweisungen explizit einen geringeren Abstand nennen.
Beispiele:
- Raumerstand: Setzabstand 15-18 cm
- Raumerstand: Kettenlänge 25 cm
- Fixe Kette: Setzabstand ca. 20 cm
- Fixe Kette: Setzabstand < 30 cm
- Austrialpin: Setzabstand mindestens 25 cm bei 30 cm Kette
- Bolt Products: Kettenlänge 20 cm
Diese Diskussion ist an anderer Stelle vertieft zu führen. Gehen wir also davon aus, dass der Abstand möglichst 30 cm betragen soll und vernachlässigen, dass die meisten Ketten dies gar nicht ermöglichen bzw. der Hersteller andere Empfehlungen gibt.
Die Praxis
Hier ein paar Beispiele, die zeigen, wie schwierig es ist, Normabstände einzuhalten.
Umlenker in Sophisticated Ladies (Haselstaudener Wände)
Ein Umlenkhaken steckt bereits. Man hat also die Einschränkung von 30 cm Abstand für den zweiten Haken. Ganz 30 cm lassen sich nicht realisieren, da der zweite Haken dann am Boden gesetzt wird und Topropen nicht mehr möglich ist (das Seil läuft dann über die Kante).
Also: geringerer Abstand oder keinen zweiten Haken.
Umlenker in Regenbogen (Haselstaudener Wände)
Hier besteht das gleiche Problem.
Umlenker in Rechts außen (Haselstaudener Wände)
Bei Rechts außen wird die Vorgabe Abstand eingehalten, aber nicht ganz die Vorgabe, die Haken übereinander anzubringen, da hier die Felsqualität nicht passt.
Umlenker Märzenriss (Haselstaudener Wände)
Beim Märzenriss dient ein Baum als redundanter zweiter Umlenkpunkt.
Umlenker im rechten Teil der Haselstaudener Wände
Hier ist der Fels unter dem alten Umlenker ziemlich verkarstet. Der zweite Haken steckt mehr als 50cm darunter.
Unter dem Strich ist es in der Praxis schwierig, strenge Vorgaben exakt einzuhalten. Man muss bemüht sein, die Vorgaben so gut einzuhalten, wie es geht. Fels ist Natur und nicht genormter Beton. Es ist noch schwieriger, hier Haken mit Kette zu setzen, da es dafür noch mehr Vorgaben bezüglich Winkel, Länge und horizontalem Abstand der Haken gibt.
Teil 3: Felsqualität
In einem Bruchhaufen hält kein Haken!
Bohrhaken 2009, S.6
Schreibt der DAV und hat natürlich recht. Aber was ist ein Bruchhaufen? Mancher ist sicher leicht und eindeutig zu erkennen. An anderer Stelle wird das schwierig. Der von uns wegen seiner Griffigkeit geliebte Fränkische Kalk ist oft nur „angebacken“. Gerade in den besonders griffigen Bereichen und im Gipfelbereich ist der Fels oberflächlich feste Fels eigentlich hohl. Beim Abklopfen hört man das deutlich. Hier Beispiele von einem Zwischen- und einem Umlenkhaken. Beide wurden mittlerweile saniert.
Fazit
Das Doppeln der Umlenker ist keine einfache Aufgabe. Bezüglich der Vorgaben muss man bereit sein, Kompromisse einzugehen. Wenn der Fels die entsprechende Qualität aufweist, kann man ein perfektes Ergebnis erzielen. In vielen Fällen wird das nicht möglich sein. Dort wo der Fels hohl geworden ist, muss der Umlenker versetzt werden. Das kann bedeuten, dass die Route etwas kürzer wird, der Umlenker etwas versetzt angebracht werden muss oder die beiden Haken weiter von- oder näher aneinander platziert werden. Für mehr Sicherheit sollten wir bereit sein, diese Kompromisse zu akzeptieren.
Aktuelle Sperrungen für Südlichen und Nördlichen Frankenjura
Die Steinfelder Wand und der Steinfelder Turm sind nicht die einzigen neuen Felsen auf der aktuellen Sperrungsliste. Mit der Welzenbach Gedenkwand, der angrenzenden Kleinen Wand und deren rechten Nebenmassiv im Lauterachtal ist ein weiteres Frühjahrsziel ab dem 1. Januar gesperrt. Im Sittenbachtal kommen der Graue Fels und die Algersdorfer Schattenwand dazu; diese Felsen wurden im vergangenen Jahr nachgemeldet und waren nicht primär auf der Sperrungsliste. Neu auf der Liste sind zudem einzelne Sektoren am Steinberg bei Königstein. Beachtung finden muss auch die Komplettsperrung des Habichtfels, sowie die Sperrungen des Dohlenlochs und die partielle Sperrung des Zwergenschlosses wegen Feldermausschutz und die Sperrung der Winterleite im Klumpertal wegen Pflanzenschutz.
Neu aufgenommen sind zudem einige Felsen aus den Landkreisen Neumarkt und dem Südlichen Frankenjura (Altmühltal, Donaudurchbruch, Labertal, Naabtal).
Primär nicht mehr gesperrt sind dagegen die Egloffsteiner Gemsenwand und die Kanzelwand bzw. Vogler Gedenkwand bei Spies.
Wie immer gilt: zusätzliche Sperrungen sind jederzeit möglich, sofern Brutversuche festgestellt werden, deshalb bitte die aktualisierte Sperrungsliste beachten.
Alle gesperrten Felsen werden nicht nur von den Mitarbeitern des LBV regelmäßig überprüft bzw. beobachtet. Auch die Ranger*innen der Naturparke werden verstärkt ein Auge auf die Brutfelsen werfen. Bei ausbleibender Brut erfolgt wie in den vergangenen Jahren eine vorzeitige Freigabe der gesperrten Felsen.
Aktuelles zu Vogelschutz-Sperrungen im Nördlichen Frankenjura
von Fritz Müller
Entsprechend dem Protokoll zum Vogelschutz vom Dezember nutzte ich die Tage vor Neujahr zur Kontrolle der Felsen, sowie zum Umdrehen von Vogelschutzschildern und eventueller Neubeschilderung. Die erste Charge (01.01. – 31.07.) führte mich dazu unter anderem an das Wunkendorfer Eck und den Diagonalriss im Bärental. Danach waren der Große Stübiger Turm, die Lochauer Wand, der Kainachtaler Block und zu guter Letzt, neu und ungewöhnlich, die Steinfelder Wand samt Turm an der Reihe.
Brutversuch an der Steinfelder Wand
Ein Brutversuch im Jahr 2020 löste allseits, auch bei den Experten des LBV, Erstaunen aus. Die äußerst freistehende Wand hat eine erhebliche Besucherfrequenz und einen Feldweg keine 20 m entfernt. Von der Bundesstraße ist die Wand voll einzusehen. Bei Nacht berührt auch das Licht der Autos die Wand. Doch genau diese Wand suchte sich ein sonst sehr scheuer Großvogel als Nistplatz aus. Ein nicht bekannter Grund führte zur Aufgabe der Brut im Frühjahr und das Auffinden der verlassenen, erkalteten Eier.
Vorläufige Sperrung erste Jahreshälfte 2021
Es wurde diskutiert, wie mit der Situation und der Aussicht auf Erfolg umgegangen werden sollte. Der Konsens: eine Sperrung des Felsens und zeitnahe Überprüfung durch den LBV. Um effektiv zu beruhigen, wählte man die Absperrung breit, d.h. inklusive des Turms. In der Durchführung sind es 3 Schilder: am Parkplatz, am Felsen und im Hauptzugang. Damit das Sperrband nicht flattert und reißt, wurde es bei den großen Spannweiten an einem Seil fixiert.
Ich führte auch ein sehr gutes Gespräch mit dem Bürgermeister von Steinfeld (auch Eigentümer anderer Kletterfelsen in der Umgebung) über die deutlich sichtbare temporäre Befriedung des Nistplatzes. Wir waren uns einig bezüglich der Bedenken und sind gespannt, ob sich eine Brut entwickelt. Ebenfalls setzen wir zusammen auf Akzeptanz, auf ein positives Miteinander von Menschen und Natur, für Einwohner, Touristen sowie für Interessen mit mehr oder weniger Vertretung.
Zum Jahreswechsel wünschten wir uns ein weiteres Gespräch „beim Otto“*, sobald es geht.
* Brauerei Hübner in Steinfeld
Neuerschließung: Höhlenstein
Im Herbst 2019 fand ein IG-Mitglied Zeit, die zuvor sanierten Touren am Schottertaler Turm zu klettern. Nach der erfolgreichen Besteigung des Turms fiel ihm und seinem Kletterpartner auf dem Rückweg ein Felsmassiv am gegenüberliegenden Hang auf. Zurück am Auto verstauten sie erst mal ihre Rucksäcke im Auto und nahmen den Fels genauer unter die Lupe.
Es stellte sich heraus, dass dort bereits 3 Kletterrouten mit modernen Klebehaken erschlossen waren. Auch zwei mögliche Linien fielen gleich ins Auge. Also wurde das Ganze auf ein paar Bildern festgehalten. Eine Nachfrage bei Jürgen Kollert ergab, dass es sich um den Höhlenstein handelte, welcher im Kletterkonzept der Zone 3 zugeordnet ist. So entstanden dort mit den Haken die er noch zu Hause hatte die Routen Painkiller und Balls to the Wall. Der Rest folgte nach und nach, so dass man dort auch genug Programm für einen Kletternachmittag
findet.
Zugangsbeschreibung
Der Fels befindet sich in zwei Fußminuten Reichweite vom Parkplatz am Wölmer Steg. Vom Parkplatz aus die Straße überqueren und dem beschilderten Wanderweg 150m in Richtung Wölm folgen. Der Fels steht direkt am Wegrand.
- Fluchtwagenfahrer (8-)
Kurze Boulderroute - Unbekannt (6+)
Gute Verschneidung - Balls to the Wall (8+)
Diffizile Stelle am 2. Haken, danach Boulder an Leisten im Überhang. - Painkiller (8+)
Kleingriffige Kletterei über die ersten 4 Haken. Oben dann noch mal zupacken. Beste Route am Fels. - Unbekannt (7+)
Mit weiten Hakenabständen über die Schuppe. - Violent Revolution (8)
Kratziger Einstieg. Quert danach in den Ausstieg von Bodom Beach Terror. - Bodom Beach Terror (8)
Kräftiger Zug im Überhang, danach aufstehen an Seitgriffen. - Under Jolly Roger (6)
Längste Route durch die gesamte Talseite. - Rock’n’Roll Sexgott (8+)
Kurz und richtig steil durch das Dach. - Presslufthammer Bernhard (7+)
Kletterei an flachen Leisten. Gut stehen hilft. - Walk with an Erection (8-)
Unten Einstiegsboulder links der Höhle, oben Platte in weißem Kalk. - Unbekannte (7)
Unbekannte Routen am rechten Nebenmassiv.
Statement der IG zu Umlenkhaken im Frankenjura
von Jürgen Kollert, Torsten Scheller und Guido Köstermeyer
Seit vielen Jahren wurden Umlenkpunkte im Frankenjura mit einem einzelnen Haken ausgestattet. Über Jahrzehnte galt dies, auch über das Frankenjura hinaus, als Standard.
Ausgelöst durch das Versagen von Umlenkhaken an der Ammerthaler Wand und an der Annasteinseite (Frankendorf), ist in der Klettergemeinschaft die Diskussion um redundante, gedoppelte Umlenker verstärkt geführt worden. In der Folge der Unfälle sind die KlettererInnen sensibler geworden. Es gingen vermehrt Meldungen über auffällige oder lockere Haken bei der IG ein. Wiederholt wurde dabei der Wunsch nach redundanten Umlenkpunkten geäußert.
Was ist passiert?
Ende Juli 2020 brach beim Topropeklettern an der Ammerthaler Wand ein Umlenkhaken. Es kam zu einem schweren Unfall mit zwei Verletzten. Ein zweiter Unfall geschah im November 2020 in Frankendorf an der Annasteinseite, hier versagte der Umlenkhaken.
Die Unfallursache an der Ammerthaler Wand ist mittlerweile bekannt. Im Zuge der Untersuchung des Unfallhergangs wurden im November 2020 von der Sicherheitsforschung des DAV mit Unterstützung der IG Hakenauszugstests an der Wand durchgeführt. Zudem hat die Firma Salewa Materialtests unternommen. Ein zusammenfassender Bericht dazu folgt.
An der Annasteinseite ist nach derzeitigen Informationen der Haken aufgrund von Felsversagen ausgebrochen. Die DAV Sicherheitsforschung hat auch an der Annasteinseite Untersuchungen durchgeführt. Sobald die Ergebnisse vorliegen, wird die IG auch darüber berichten.
Was kann ich tun?
Als KlettererIn kannst du selbst einiges tun, um sicher unterwegs zu sein.
Haken sollten immer kritisch beurteilt werden.
Das Gestein, in dem der Haken steckt, kann im Zweifel mit einem Karabiner abgeklopft werden. Klingt es hohl, dann ist Vorsicht angebracht.
Es gibt viele unterschiedliche Arten von Haken, darunter auch selbstgemachte Haken, die nicht der Norm entsprechen. Hier bitte besonders vorsichtig sein. Die neueren, normgerechten Haken haben eine Beschriftung des Herstellers an der Öse. Das heißt aber nicht, dass ältere Haken per se gefährlich sind. Der klassische Bühlerhaken hat sich seit Jahrzehnten bewährt.
Der im Frankenjura vorrangig verwendete Haken ist der sogenannte Bühlerhaken bzw. vergleichbare Verbundhaken. Jeder Verbundhaken muss so gesetzt werden, dass die Öse am Fels aufliegt.
Die Öse sollte bei einem Bühlerhaken immer aufliegen!
Im Zweifel kannst du einen Bühlerhaken mit einem einfachen Drehtest überprüfen. Hierzu einen Karabiner im Haken verkanten und leicht per Hand drehen. Lässt sich der Haken bewegen, ist Vorsicht geboten. Ist dies nicht möglich, ist der Haken fest verbunden.
Redundant Topropen. Beim Topropen solltest du nach Möglichkeit immer den letzten Zwischenhaken vor der Umlenkung im Seil eingehängt lassen. Idealerweise im Seilstrang, der zum Sichernden läuft.
Liegen bei einer Route Informationen über zweifelhafte Umlenk- oder Zwischenhaken vor, empfiehlt es sich die Route gegebenenfalls nicht zu klettern. Bist du dir in der Route nicht sicher, ob der Umlenker sicher ist, solltest du zum letzten Haken abklettern oder, wenn möglich, den Umlenker einer Nachbarroute benutzen.
Vermeintlich gefährliche Umlenk- und Zwischenhaken kannst du der IG über diese Seite mitteilen.
Die IG ist in der Erschließer- und Saniererszene gut vernetzt und leitet die Informationen mit der Bitte um Überprüfung an aktive, ehrenamtlich tätige Sanierer weiter. Über durchgeführte Sanierungsarbeiten wird auf der IG-Seite regelmäßig informiert.
Was tut die IG?
Die IG ist sich der Veränderungen des Klettersports bewusst. Was gestern ein reiner Umlenk- oder Abseilhaken war, wird heute mehr und mehr zum Topropeklettern genutzt. Diese veränderte Nutzung führt zu einer erhöhten Beanspruchung der Umlenkhaken.
Um dieser Veränderung Rechnung zu tragen, empfiehlt die IG – wie auf der JHV 2020 diskutiert – beim Sanieren von Umklenkhaken und beim Einrichten von Neutouren, diese im Sinne der französischen Methode zu doppeln. Für Sanierungen wird Mitgliedern der IG das Material kostenfrei zur Verfügung gestellt. Die IG unterstützt das Einrichten redundanter Umlenker im Sinne der französischen Methode in Routen, die stark im Toprope beklettert werden.
Warum keine Ketten?
Die IG sieht Umlenkketten nicht als die optimale Lösung im Frankenjura an. Ketten sind nur teilredundant, da der letzte Punkt in der Sicherungskette, der Ring, keine Redundanz besitzt. Zudem lassen sich die Mindestabstände der Haken im oft sehr löchrigen Gestein im Felskopfbereich des Frankenjura mit zwei separaten Umlenkhaken besser einhalten. Man kann Haken so flexibler setzen. Bei gleicher Sicherheit ist ein nachträglicher zweiter Haken weniger kosten- und arbeitsintensiv zu ergänzen als ein Kettensystem.
Schlussbemerkung
Die Hauptaufgabe der IG sehen wir nach wie vor darin, im Konfliktfeld zwischen Klettern als Natursport und den Belangen des Naturschutzes zu vermitteln und Beschränkungen des Klettersports zu vermeiden.
Darüber hinaus sind wir bemüht, einen Beitrag zur Sicherheit des Klettersports im Frankenjura zu leisten. Hierfür stellen wir Mitgliedern kostenfrei Material für Sanierungen zur Verfügung und versorgen ErschließerInnen mit normgerechtem Haken- und getestetem Verbundmaterial.
Kontrollen und Sanierungen entbinden aber nicht von der Eigenverantwortung der KlettererInnen. Jeglichem vorhandenem Sicherungsmaterial sollte mit einer gesunden Portion Skepsis begegnet werden.